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Ein Horoskop lässt sich nicht bloss lesen -
man kann es auch hören.
Stellen Sie sich vor, Sie gehen an ihrem Geburtstag ins Planetarium. Dort blicken Sie fasziniert in einen
funkelnden Himmel, in dem sich alle Planeten exakt am selben Platz befinden wie zu ihrer Geburtsstunde. Stellen Sie sich jetzt vor, dass Sie diesen aussergewöhnlichen Himmel
nicht nur sehen, sondern auch hören, weil die Planeten Töne von sich geben. Je nachdem, wo genau die Planeten zur Geburtsstunde gestanden haben, ergibt sich aus diesen Tönen eine ganz bestimmte Art von Musik - Ihre Horoskopmelodie.
Die Basis der Horoskopmelodie bildet die Forschungsarbeit des Musikwissenschaftlers Hans Cousto. Er hat
mittels komplizierter Berechnungen eine Formel entwickelt, mit der er die Frequenz der einzelnen Planeten errechnen und in Töne umsetzen kann. Diese Ergebnisse haben Musikwissenschaftler und seine
Studenten als Grundlage für ein aufwändiges Computerprogramm genommen, mit dem man Horoskope vertonen und
auf einer etwa einstündigen CD wiedergeben kann. Genauso wie beim normalen Horoskop sind auch hierzu die Angaben von Geburtstag, Geburtsort und die exakte Geburtszeit nötig.
Ich habe mir meine Planetenmelodie bestellt und zu unterschiedlichen
Zeiten und Tätigkeiten angehört: mit geschlossenen Augen auf dem Sofa liegend, zum Meditieren, als Hintergrundmusik beim Schreiben, bei der Hausarbeit oder während einer Unterhaltung. Das Ergebnis: Ich fühlte mich danach immer ruhig und entspannt. Wenn ich nervös war, wurde ich zentriert. Fühlte ich mich in mir ruhend, dann verstärkte sich dieses Gefühl. Und das, obwohl meine Horoskopmelodie nicht gerade auf Anhieb harmonisch wirkt. Zwar entdeckte ich darin einen wiederkehrenden Rhythmus von tiefen und hohen Tönen, der sich in verschiedenen Tonlagen wiederholt. Um aber als harmonisch empfunden zu werden, sind
die Tonabfolgen zu sprunghaft und abgehackt und die einzelnen Töne klingen arg elektronisch.
Offensichtlich gewöhnten sich aber meine Ohren im Laufe der Zeit an
die Dissonanzen. Jedenfalls hatte ich immer öfter das Bedürfnis, «meine» CD laufen zu lassen. Dabei geschah immer wieder dasselbe: ähnlich wie in der Meditation wurde es in mir ruhig und der Fluss von Bildern und Gefühlen aus meiner persönlichen Geschichte, die sonst meistens beim Hören von Musik wie ein Film in mir aufsteigen, lösten sich im Nichts auf ich empfand eine wohltuende Leere. Das fand ich wirklich sehr seltsam, denn das Geburtsbild ist doch voller Geschichte, meiner eigenen Geschichte. Nehmen wir sie, in Klänge umgesetzt, anders, sozusagen' unbetroffener wahr, so dass wir uns für Momente sogar ganz davon lösen können? Geschieht das deshalb, weil der Verstand beim Hören des Horoskops viel weniger aktiv ist, als wenn wir uns in einem Beratungsgespräch mit unserem Geburtsbild auseinandersetzen? Ich weiss es nicht.
Um diese Erfahrungen zu vertiefen, habe ich mir auch die Horoskopmelodie eines psychopathischen Mörders
und jene von Johann Wolfgang von Goethe angehört ohne zu wissen, welche zu wem gehört. Bei beiden tauchte der mir bekannte Entspannungseffekt nicht auf und die Bilder und Gefühlswelt blieben aktiv und lärmend,
vor allem bei der Horoskopmelodie des Kriminellen. Diese bestand fast ausschliesslich aus hohen Tönen, die mir sehr unangenehm waren und ein Gefühl von nervöser Spannung in mir wachriefen.
Es scheint als würde mir «meine» Geburtsmelodie tatsächlich am wohlsten tun.
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